3×21 Tipps für LehrerInnen von Kindern mit Down-Syndrom

von Mag. Bernadette Wieser, Leiterin des Down-Syndrom Zentrums in Leoben

Sie sind Lehrerin oder Lehrer eines Kindes mit Down-Syndrom?

 

Neben den zahlreichen beglückenden Erfahrungen, die Sie täglich machen, ergeben sich sicher immer wieder Fragen und Probleme – besondere Herausforderungen für Ihr Lehrerleben, sozusagen.

Vorab: das gemeinsame Lernen und Leben in Integrationsklassen bereichert die Entwicklung eines Kindes mit Down-Syndrom aufgrund dessen ausgezeichneter Imitationsfähigkeit enorm.

 

3 herausfordernden Erfahrungen begegnen

Zahlreiche Anfragen im Institut “Leben Lachen Lernen” beziehen sich auf Verhaltensauffälligkeiten und die breite Palette an kreative Einfälle von Kindern mit Down-Syndrom: 
–  Verweigerung, Vermeidungsverhalten oder Weglaufen
–  agressives Verhalten gegenüber MitschülerInnen 
–  Kaspern

 

Wie begegnet man solchen besonderen Herausforderungen als LehrerIn?

 

Vielfach sind diese Verhaltensweisen als Zeichen einer Reizüberflutung zu sehen. In einer Gemeinschaft von vielen lebhaften MitschülerInnen stoßen Kinder mit Down-Syndrom bald an die Grenzen ihrer visuellen und akustischen Aufnahmefähigkeit. Integration bedeutet daher, sich auch zwischendurch kurze Auszeiten gönnen zu dürfen und in einem Ruheraum auftanken zu können.

 

Wann immer es möglich ist, profitieren Kinder mit Down-Syndrom vom “Sowohl als auch”: sowohl integrative Angebote im Klassenverband als auch individuelle Lernangebote in einem ruhigen und reizarmen Umfeld. Diese Kombination lässt soziales und kognitives Lernen optimal miteinander verschmelzen.

 

Reizüberflutung ist auch bei den Arbeitsmaterialien zu vermeiden.

 

Zu viele Details verwirren Kinder mit Down-Syndrom häufig zu sehr, sie verlieren leicht den Überblick und werden unkonzentriert. Bei Spielen, Arbeitsblättern, Büchern u.ä. gilt daher die Empfehlung: “Weniger ist mehr. Dies erhöht die Aufmerksamkeit und steigert die Lernfortschritte. 

 

Trauen Sie Ihrem Kind mit Down-Syndrom viel zu, es wird Sie nicht enttäuschen!

 

Viele Kinder mit Down-Syndrom bewältigen auf den ersten vier Schulstufen die Anforderungen des Lehrplans für Allgemeine Sonderschule, wenn sie die entsprechenden Angebote dazu erhalten.

 

Das erfolgreiche Erlernen der Kulturtechniken hängt entscheidend von der Entwicklung der sog. Teilleistungen ab. Diese stellen die erste Stufe auf jener hohen Leiter dar, die die Kinder in der Schule erklimmen sollen.

 

Im Institut “Leben Lachen Lernen” wird die Entwicklung “Teilleistungen” überprüft, das Kind erhält einen individuellen Förderplan, abgestimmt auf seine Bedürfnisse.

 

So kann es z. B. im Bereich Deutsch durch die sog. Flash-Methode unterstützt werden im Lesen und Schreiben von  Ganzheitswörtern.

 

Im Bereich Mathematik profitiert ein Kind mit Down-Syndrom vom kybernetischen Fingerrechnen, von der Methode “Rechnen mit links und rechts”. (weitere Informationen zum “Rechnen mit links und rechts” finden Sie hier

21 bereichernde Erfahrungen zulassen

Und welche Erfahrungen erwarten Sie als Lehrerin und Lehrer eines Kindes mit Down-Syndrom noch?

 

Lassen Sie sich doch ein auf …

 

Spaß, Achtsamkeit, Neugierde, Offenheit, Behutsamkeit, Empathie, Fröhlichkeit, Besonnenheit, Geduld, Gemütlichkeit, Ehrlichkeit, Wissensdurst, Begeisterungsfähigkeit, Mut, Lebenslust, Aufrichtigkeit, Forschungstrieb, Eifer, Herzlichkeit, Wahrhaftigkeit, Natürlichkeit.

 

Und es gäbe noch so viel mehr!

 

Wenn Sie mit Jugendlichen und Erwachsenen mit Down-Syndrom leben und arbeiten, verlieren Sie bitte nie den Grundsatz “Use it or lose it” aus den Augen. Gemeint ist das Gehirn. Um frühen Demenzprozessen entgegensteuern zu können, muss die Merk- und Erinnerungsfähigkeit von Menschen mit Down-Syndrom unter dem Motto Geistesblitz mit Spaß und Witz ständig gefordert werden. Durch gezielte Gedächtnistrainings-Programme können Telefonnummern oder lange Einkaufslisten sicher im Kopf behalten sowie Aufmerksamkeit und Konzentration erhöht werden. Neueste Erkenntnisse aus der Hirnforschung belegen, dass die in der Schulzeit erworbenen Fähigkeiten im Erwachsenenalter erhalten und ausgebaut werden können.  

 

“Das größte Vergnügen besteht darin, das zu tun, von dem die anderen sagen, du könntest es nicht!”

Buchtipp: